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Germanistische Arbeiten zur Sprachgeschichte
 
Herausgegeben von Jörg Meier und Arne Ziegler

 

Riecke, Jörg / Schuster, Britt-Marie (Hrsg.): Deutschsprachige Zeitungen in Mittel- und Osteuropa.
Sprachliche Gestalt, historische Einbettung und kulturelle Traditionen
(Germanistische Arbeiten zur Sprachgeschichte, Band 3)
ISBN 3-89693-419-8 (01/2005)
536 Seiten, 40 Abb., Ebr, EUR 46,00
 
Der Tagungsband bietet erstmals einen Überblick über den Bestand und die Erscheinungsformen deutschsprachiger Zeitungen in Mittel- und Osteuropa. Unabhängig von den unterschiedlichen fachspezifischen Fragestellungen dienen die Beiträge vor allem dazu, bisher nicht oder kaum erschlossenes Quellenmaterial zu präsentieren und in den entsprechenden kulturellen Zusammenhang einzuordnen. Die Rolle von Zeitungen wird sowohl in einzelnen Städten (so etwa Danzig, Lodz, Odessa, Prag, Preßburg, Riga) als auch in einzelnen Regionen (so in Westpreußen, der Vojvodina, der Bukowina) charakterisiert, wobei der zeitliche Schwerpunkt im 18., 19. und 20. Jahrhundert liegt. Dadurch geraten Städte und Landschaften in den Blick, deren Beitrag zur Geschichte des deutschsprachigen Pressewesens und deren Bedeutung für die deutsche Sprachgeschichte bisher kaum thematisiert worden sind. Der Band bietet nun die Möglichkeit, Forschungsfragen zu konturieren, die Bedeutung von Zeitungen für die deutsche Sprachgeschichte in unterschiedlichen Regionen zu ermessen, erste Ergebnisse zu präsentieren und Ziele für weitere Forschungen zu benennen.
Die präsentierten Zeitungen haben sich – wenn auch zeitverschoben – auf sprachlicher Ebene ähnlich entwickelt. Dies betrifft zuallererst die Textsorten: Dominieren bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem narrative Texte, die mit ihrer komplexen Syntax und nicht medien-spezifischen Lexik alle Anzeichen der Sprachkultivierung und des so genannten bürgerlichen Sprachgebrauchs aufweisen, so zeigen sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts Modernisierungsschübe, die überregional wirksam werden. Dies weist auf eine ähnlich geartete Textgenese hin, unabhängig davon, ob die Zeitungen in Lodz, Odessa, Brünn oder in der Vojvodina gedruckt wurden. Die wichtigsten journalistischen Textsorten entwickeln sich im Laufe des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts zu der uns heute bekannten Form. Damit ist verbunden, dass sich bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts auch verblüffende Ähnlichkeiten in der Zeitungsgestaltung ermitteln lassen: Die Zeitungen sind schwach gegliedert und weisen kaum Rubriken und Sparten auf. Sie erlauben keine punktuelle Lektüre, weil wichtige Informationen nicht durch Artikelüberschriften herausgehoben werden. Daraus folgt, dass eine kontinuierliche Textrezeption zum Verständnis einzelner Texte erforderlich ist. Sie sind nicht aus sich heraus verständlich und erfordern Vorwissen. An der Gestalt von nachrichten- und kommentarähnlichen Texten werden die kommunikativen Maximen, die später journalistische Textsorten und die damit verbundene Massenkommunikation prägen, kaum sichtbar. Nachricht, Kommentar und Glosse, also informationszentrierte und meinungsbetonte Textsorten sind überhaupt noch nicht deutlich voneinander getrennt.

Inhalt
 

Vorwort
Deutschsprachige Zeitungen in Mittel- und Osteuropa. Einführung in das Thema
ULRICH PÜSCHEL: Wurzeln der Zeitungssprache im 19. Jahrhundert – eine Skizze
HOLGER BÖNING: Deutschsprachige Presse in Mittel- und Osteuropa – das Bremer Projekt „Deutsche Presse“ von den Anfängen bis 1815
ANNE ARNOLD: Einige Beobachtungen zur deutschen Zeitungssprache in Livland im 18. und 19. Jahrhundert am Beispiel der Dörptschen Zeitung
MARIE-ANN PALM: Fr. R. Kreutzwald als Mitarbeiter der Wochenschrift Das Inland
VALDA RUDZISA: Deutschsprachige Zeitungen in Riga aus dem 17. und 18. Jahrhundert
GISELA BRANDT: Die Mitauiſchen Nachrichten und ihre Nachfolger (1766 - 1810). Gesellschaftliches Umfeld – Profil – Textsortenrepertoire
MONIKA BUKANTAITE: Deutschsprachige Zeitungen in der Region Heydekrug (Silute) und ihre Voraussetzungen
MICHAEL KLEES: „… hat auch die Kownoer Zeitung das Neueste aus aller Welt“. Ein Beispiel deutschsprachiger Kriegspresse im Verwaltungsgebiet Ober-Ost während des Ersten Weltkrieges
MAREK ANDRZEJEWSKI: Zur Geschichte der Presse in Westpreußen und in der Freien Stadt Danzig. Neuere Forschungen und Forschungsdesiderate
LUTZ OBERDÖRFER: Die deutschsprachigen Zeitungen Westpreußens im Vorfeld des Ersten Weltkrieges
PETER OLIVER LOEW: Danzig und seine Presse (1858 - 1918) – Zeitung und Gesellschaft
JAN SIKORA: Thematische Schwerpunkte in der deutschsprachigen Presse Danzigs vor 1945
KRYSTYNA RADZISZEWSKA: Die Lodzer Presselandschaft
BRITT-MARIE SCHUSTER: Die Entwicklung von Nachrichtentexten (1873-1914) in der Lodzer Zeitung im Vergleich mit binnendeutschen Zeitungen (Gießener Anzeiger und Frankfurter Zeitung)
MARCIN MICHON: Die Textsorte „Kommentar“ der Lodzer Zeitung
ZENON WEIGT: Einblicke in die Anzeigen in der Lodzer Zeitung
ROMAN SADZINSKI: Die Sprache der Lodzer Deutschen und der Lodzer Zeitung
VÁCLAV MAIDL: Einige deutschsprachige Zeitschriften im Böhmerwald zwischen 1863 und 1945
BARBARA KÖPPLOVÁ: Der Neue Tag – das verborgene Ende der deutschen Kultur in Böhmen und Mähren
JAROMIR ZEMAN: Zu sprachlichen Entwicklungstendenzen in den Brünner Regionalzeitungen
ZDENEK MARECEK: Brünner Zeitungen der Jahrhundertwende und der Zwischenkriegszeit
JÖRG MEIER: Deutschsprachige Zeitungen in Oberungarn und der Slowakei von den Anfängen bis 1945. Geschichte, Aufgaben und Perspektiven
ANDREA SEIDLER: Multiethnizität und Mehrsprachigkeit im Königreich Ungarn im 18. Jahrhundert. Eine Untersuchung der sprachlichen Entstehungsbedingungen von Zeitung und Zeitschrift
MIRA MILADINOVIC-ZALAZNIK: Der Wiener Kongreß, wie er sich in den Laibacher Blättern jener Zeit verfolgen läßt
MARINA FRUK: Das deutschsprachige Zeitungswesen in Kroatien
DRAGUTIN HORVAT: Literaturbeilagen in der kroatischen deutschsprachigen Presse
JULIJANA BELI-GÖNCZ / ROBERT KOVAC: Deutsche Zeitungen in der Vojvodina im Überblick
GEORG GUTU: Wortgewandt und Zeitverbunden. Bukowinische Presse in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Platz und Rolle literarischer Beiträge oder Wie eine Zeitung ward und starb
EMILIA STAITSCHEVA: Die Kulturseiten der Zeitschrift „Der Bulgarienwart“ im historischen Kontext der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts
ALBRECHT GREULE / HENDRIK SITTIG: Die Odessaer Zeitung
HENDRIK SITTIG: Deutschsprachige Zeitungen in Russland – ein Überblick zur Geschichte und Gegenwart
MAJA N. VOLODINA: Die Wiedergeburt der Moskauer Deutschen Zeitung
CHRISTINA FIRSCHING: Deutschsprachige Zeitungen in Mittel- und Osteuropa unter dem Aspekt der deutschen Sprachpolitik nach 1989/90