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Germanistik
 

 
Studium Litterarum
Studien und Texte zur deutschen Literaturgeschichte
 
Herausgegeben von Knut Kiesant und Hans-Gert Roloff
 

Rubel, Thomas: Der Sünder als Stilmodell. Schullektüre im 13. Jahrhundert am Beispiel des Militarius. Mit kritischer Edition, Glossen und Untersuchungen zur Stoffgeschichte
(Studium Litterarum, Band 18)
2., überarbeitete und ergänzte Auflage
ISBN 978-3-89693-268-6 (08/2019)
238 Seiten, 22 x 15 cm, 3 Abb., Kt., EUR 34,00

 
Der im 13. Jahrhundert entstandene Militarius gehört in mehrfacher Hinsicht zu den wichtigsten Vertretern der lateinischen geistlichen Kleindichtung des späten Mittelalters. Zum einen handelt es sich bei diesem Text um die bedeutendste Metrifikation der Militariuslegende, die aus der Theophiluslegende hervorgegangen ist und eine nicht unbedeutende Rolle bei der Genese der Faustsage gespielt hat. Zum anderen verkörpert er mit Aspekten wie ritterlichem Milieu, sozialer Verarmung und heiterer Lebensfreude, tiefer Frömmigkeit und Marienverehrung sowie vorbehaltloser Wundergläubigkeit ein außerordentlich vielschichtiges Bild vom Denken und Handeln der Menschen im späten Mittelalter.
Entstanden ist der Militarius offenkundig im Kontext des spätmittelalterlichen Schulunterrichts und fand schon bald nach seiner Entstehung Eingang in den unterrichtlichen Lektürekanon. Überliefert ist er in zwei verschiedenen Fassungen, einer weiter verbreiteten Vulgatfassung und einer von dieser unabhängigen Fassung, die eine stilistisch ambitioniertere Textgestalt aufweist. Der Legendenstoff war offensichtlich so ansprechend, dass er gerade auch zur stilistischen Umgestaltung einlud: Der Sünder wurde zum Stilmodell.
Fast einhundert Jahre nach seiner letzten Edition liegt der Militarius nun in einer kritischen Neuedition auf der Basis aller fünf bekannt gewordenen Handschriften vor, die in dieser zweiten Auflage auch die reiche Glossierung der Militariusüberlieferung berücksichtigt. Gleichzeitig werden ihm im Rahmen einer stoffgeschichtlichen Untersuchung zwanzig weitere Fassungen der Militariuslegende aus dem 13.-16. Jahrhundert in lateinischer, deutscher und französischer Sprache zur Seite gestellt, die illustrieren, dass diese im späten Mittelalter zum gemeinsamen Erzählgut Europas geworden ist.

Inhalt
 
1. Der mittellateinische Militarius
1.1 Forschungsgeschichte
1.2 Titel und Verfasserfrage
1.3 Entstehungszeit und –ort
1.4 Aufbau und Inhalt
1.5 Quellen, Vorbilder und literarische Wirkung
1.6 Sprache und Stil, Metrik und Prosodie
1.7 Die handschriftliche Überlieferung
1.7.1 E = Erfurt, Universitäts- und Forschungsbibliothek
Erfurt/Gotha, Dep. Erfurt, CA. 4° 49

1.7.2 M = München, Bayerische Staatsbibliothek, clm 4413
1.7.3 D = Darmstadt, Universitäts- und Landesbibliothek, cod. 2780
1.7.4 S = Heidelberg, Universitätsbibliothek, cod. Sal. VIII 29b
1.7.5 K = København, Det Kongelige Bibliotek, Gl. kgl. Saml. 1634
1.7.6 Die verloren gegangene Handschrift Danzig, Kirchenbibliothek
von St. Marien, MS. Mar. Q 24
1.8 Gruppierung der Textzeugen und Grundsätze der Textkonstitution
1.9 Der Militarius als Schullektüre
1.10 Kritische Bemerkungen zur Textgestalt
1.11 Kritische Edition
1.12 Übersetzung
1.13 Stellenkommentar
2. Die Entstehung und Stofftransformation der Militariuslegende
2.1 Forschungsgeschichte und methodische Vorbemerkung
2.2 Die erste Vorstufe der Militariuslegende: Die Theophiluslegende
2.2.1 Ursprung und Verbreitung der Theophiluslegende
2.2.2 Die Theophiluslegende als Vorstufe der Militariuslegende
2.3 Die zweite Vorstufe der Militariuslegende: Die ‚Legende vom Frommen‘
2.3.1 Ursprung und Verbreitung der ‚Legende vom Frommen‘
2.3.2 Die wichtigsten lateinischen Fassungen der ‚Legende vom Frommen‘
2.3.3 Die ‚Legende vom Frommen‘ als Vorstufe der Militariuslegende
2.4 Die Militariuslegende
2.4.1 Entstehung und Verbreitung der Militariuslegende
2.4.2 Lateinische Fassungen der Militariuslegende
2.4.3 Deutsche Fassungen der Militariuslegende
2.4.4 Französische Fassungen der Militariuslegende
2.4.5 Zusammenfassung: Die Stofftransformation der Militariuslegende
2.5 Die Einwirkung der Militariuslegende auf spätere Fassungen der Theophiluslegende
Ausblick
Die Militariuslegende als erzählerische Vorstufe des ‚Doktor Faustus‘
Anhang
I. Glossae
II. ‚Passional‘, Buch 1, Marienlegende Nr. 24: Marias Fürbitte für einen Ritter (Der Ritter und der Teufel)
III. ‚Liedersaal-Handschrift‘ f. 210rb-213ra (Nr. 206): Der Ritter und der Teufel
Literaturverzeichnis