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NATUR * LITERATUR * ÖKOLOGIE
NATURE * LITERATURE * ECOLOGY
Herausgegeben von
Peter Keitel und Michael Niedermeier

 

Treptow, Elmar: Die erhabene Natur. Entwurf einer ökologischen Ästhetik
(NATUR * LITERATUR * ÖKOLOGIE, Band 3)
ISBN 3-89693-463-5 (2., erweiterte Auflage, 05/2006)
435 Seiten, 21 x 15 cm, Kt., EUR 44,00
 
Dieser Entwurf einer neuen Ästhetik der Natur stützt sich vor allem auf die Theorien der sich selbst organisierenden kybernetischen Systeme und auf die dialektische Philosophie. Die Natursysteme – die Kreislaufsysteme des Kosmos und der Erde – werden als schön oder erhaben bestimmt, je nachdem, ob sie sich in einem relativ stabilen Gleichgewicht befinden oder ob sie ihr Gleichgewicht und somit ihre Strukturgrenzen und ihr Maß überschreiten. Die erhabenen grenzüberschreitenden Prozesse werden so betrachtet, dass sie an sich rückbezüglich und zweckmäßig verlaufen, aber für die Menschen sowohl zweckmäßig wie unzweckmäßig sind und von ihnen mit den widersprüchlichen Gefühlen der Lust und Unlust respektive des Staunens und Schreckens erlebt werden.
Weiter wird auch der Mensch selbst als erhabenes Wesen dargestellt, der die von ihm produzierten gesellschaftlichen Gleichgewichtssysteme unaufhörlich überschreitet, was ebenfalls Formen von Lust und Unlust hervorruft. Hierbei wird zwischen den selbständigen und den verselbständigten Naturaneignungen des Menschen unterschieden. Von den Verselbständigungen, die eine schreckliche Faszination ausüben, wird vor allem das sachzwanghaft verlaufende globale ökonomische Wachstum behandelt, das die Grenzen der qualitativ bestimmten natürlichen und gesellschaftlichen Maße überschreitet. In diesem Zusammenhang werden die Verherrlichungen des Überwältigenden und die undifferenzierte Begeisterung für alles Große sowie die Verdrängungen des erhabenen Naturschreckens durch den gesellschaftlichen Horror kritisiert. Die erhabene Natur wird außerdem abgegrenzt von den Naturtranszendierungen respektive den Entgrenzungen ins unbestimmte "schlecht Unendliche". Zur Sprache kommen allegorisierende Verflüchtigungen der selbständigen Natur sowie deren Herabsetzung durch einseitiges Fixieren des "Ereignisses", des "Augenblicks" und der "Kontingenz". Die inhaltlich bestimmte Unendlichkeit der Natur wird als die Unerschöpfbarkeit der Selbstorganisation der dynamischen Kreislaufsysteme betrachtet. Diese Unendlichkeit ist, wie dargelegt wird, der künstlerischen Darstellung durchaus zugänglich. Schließlich wird die erhabene Einsamkeit bestimmt, und zwar als das Bewusstsein des Individuums, dass sein Tod zum Entstehen und Vergehen der unendlichen Natur gehört, die sich in den grenzüberschreitenden Kreislaufsystemen selbst organisiert.
Der Autor lehrt Philosophie an der Universität München. Er wurde promoviert mit einer Dissertation über Aristoteles und habilitierte sich mit einer Arbeit über Hegel und die Junghegelianer. Seine Schwerpunkte sind die Natur- und Gesellschaftsphilosophie sowie die Ästhetik.

Inhalt
 
Einleitung
 
I  Die Selbstorganisation der erhabenen Natur in grenzüberschreitenden Kreislaufsystemen, die den Maßen des Menschen sowohl angemessen als auch unangemessen sind und Formen von Lust und Unlust erregen
1  Die schöne Natur als relativ stabiler Gleichgewichtszustand der Kreislaufsysteme
2  Die erhabene Natur als Grenzüberschreitung der Gleichgewichtszustände
3  Die Erhabenheit des Kleinen als Teil der Kreislaufsysteme
4  Drei Beispiele schöner Naturräume inmitten der erhabenen Kreislaufsysteme
5  Die Selbständigkeit der Natur und ihr Verhältnis zu den Gegenständen des Gebrauchs
6 Unterscheidung zwischen dem Zweck und dem Zweckmäßigen
7  Die gegensätzliche Einheit der praktischen, der theoretischen und der ästhetischen Aneignung der Natur
8  Die menschliche Fähigkeit der Distanzierung von den Trieben als Voraussetzung der ästhetischen Beziehung
9  Entfernung und Annäherung in der Mensch-Natur-Beziehung
10  Komplizierte Zwischenbemerkung zur Methode
11  Die praktische Sicherheit als Grundlage der ästhetischen Beziehung zur Natur
12  Die Maße der Lebewesen als Maßstäbe des für sie Zweckmäßigen
13  Die Natur als die Grundlage der menschlichen Bewertungen
14  Der Mensch als erhabenes sich selbst verwandelndes Wesen. Seine selbständige und verselbständigte Naturaneignung
II  Erhabene gesellschaftliche Verselbständigungen der produktiven Naturkraft
1  Die erhabene Verselbständigung des sachzwanghaften maßlosen Kapitalwachstums
2  Erhabenes in der neuen Berliner Republik
3  Zur schrecklichen Faszination der faschistischen und der nationalsozialistischen Herrschaft
4  Verherrlichungen des Überwältigenden und Begeisterung für alles Große
5  Verdrängungen des erhabenen Naturschreckens durch gesellschaftlichen Horror und Lust an Gewalt
III  Gesellschaftliche Voraussetzungen in den ästhetischen Beziehungen zur schönen und erhabenen Natur
1  Zur Entstehung der ästhetischen Aneignung des Gebirges
2  Die Unterordnung der ästhetischen Aneignung des Gebirges unter theologische, moralische, nationale, psychologische und kommerzielle Aspekte
3  Das Meer im Blick gesellschaftlicher Interessen. Von Odysseus’ Abenteuern zur Odyssee ohne Fixpunkt
4  Gärten und Parks. Vom Jagdrevier des Paradieses zum atomaren Entsorgungspark
5  Der Stadt-Land-Kontrast. Von der Stadt inmitten der Landschaft zur Stadtlandschaft
IV  Abgrenzung der erhabenen Natur von den erhabenen naturtranszendenten Verselbständigungen (Gott, die reine Vernunft, das ganz Andere)
1  Das Sicherheben als Aufheben oder Abheben. Dialektische Grenzüberschreitung oder Entgrenzung ins Unbestimmte
2  Der Fundamentalismus des Erhabenen. Das Tolerieren niederträchtiger Praxis als Folge abrupter Erhebung
3  Die erhabene Natur zwischen Symbolisierung und Allegorisierung. Ihre Verflüchtigung zum Zeichen von Naturtranszendenz
4  Die Negation der selbständigen Natur durch das „Ereignis“, den „Augenblick“, die „Kontingenz“ und den „Mythos“
5  Verfehltes einseitiges Fixieren des Vergänglichen. Die Einheit von Entstehen und Vergehen
V  Die Unendlichkeit der Natur und ihre Darstellbarkeit
1  Die Unendlichkeit der Natur als die Unerschöpfbarkeit der Selbstorganisation von dynamischen Kreislaufsystemen. Die Unendlichkeit des Raumes und der Zeit als ihre abstrakte Seite
2  Die Reproduzierbarkeit und Darstellbarkeit der selbständigen erhabenen Natur in Wissenschaft und Kunst
VI  Unendliche Langeweile, maßlose Melancholie, erhabene Einsamkeit
 
Personenverzeichnis