Treptow, Elmar: Die erhabene Natur. Entwurf einer ökologischen Ästhetik (NATUR * LITERATUR * ÖKOLOGIE, Band 3) ISBN 3-89693-463-5 (2., erweiterte Auflage, 05/2006)
435 Seiten, 21 x 15 cm,
Kt., EUR 44,00 Dieser Entwurf einer neuen Ästhetik der Natur stützt sich
vor allem auf die Theorien der sich selbst organisierenden kybernetischen Systeme und auf die dialektische Philosophie. Die Natursysteme – die Kreislaufsysteme des Kosmos und der Erde – werden als schön
oder erhaben bestimmt, je nachdem, ob sie sich in einem relativ stabilen Gleichgewicht befinden oder ob sie ihr Gleichgewicht und somit ihre Strukturgrenzen und ihr Maß überschreiten. Die erhabenen
grenzüberschreitenden Prozesse werden so betrachtet, dass sie an sich rückbezüglich und zweckmäßig verlaufen, aber für die Menschen sowohl zweckmäßig wie unzweckmäßig sind und von ihnen mit den widersprüchlichen
Gefühlen der Lust und Unlust respektive des Staunens und Schreckens erlebt werden. Weiter wird auch der Mensch selbst als erhabenes Wesen dargestellt, der die von ihm produzierten gesellschaftlichen
Gleichgewichtssysteme unaufhörlich überschreitet, was ebenfalls Formen von Lust und Unlust hervorruft. Hierbei wird zwischen den selbständigen und den verselbständigten Naturaneignungen des Menschen unterschieden.
Von den Verselbständigungen, die eine schreckliche Faszination ausüben, wird vor allem das sachzwanghaft verlaufende globale ökonomische Wachstum behandelt, das die Grenzen der qualitativ bestimmten natürlichen und
gesellschaftlichen Maße überschreitet. In diesem Zusammenhang werden die Verherrlichungen des Überwältigenden und die undifferenzierte Begeisterung für alles Große sowie die Verdrängungen des erhabenen
Naturschreckens durch den gesellschaftlichen Horror kritisiert. Die erhabene Natur wird außerdem abgegrenzt von den Naturtranszendierungen respektive den Entgrenzungen ins unbestimmte "schlecht
Unendliche". Zur Sprache kommen allegorisierende Verflüchtigungen der selbständigen Natur sowie deren Herabsetzung durch einseitiges Fixieren des "Ereignisses", des "Augenblicks" und der
"Kontingenz". Die inhaltlich bestimmte Unendlichkeit der Natur wird als die Unerschöpfbarkeit der Selbstorganisation der dynamischen Kreislaufsysteme betrachtet. Diese Unendlichkeit ist, wie dargelegt
wird, der künstlerischen Darstellung durchaus zugänglich. Schließlich wird die erhabene Einsamkeit bestimmt, und zwar als das Bewusstsein des Individuums, dass sein Tod zum Entstehen und Vergehen der unendlichen
Natur gehört, die sich in den grenzüberschreitenden Kreislaufsystemen selbst organisiert. Der Autor lehrt Philosophie an der Universität München. Er wurde promoviert mit einer Dissertation über Aristoteles und
habilitierte sich mit einer Arbeit über Hegel und die Junghegelianer. Seine Schwerpunkte sind die Natur- und Gesellschaftsphilosophie sowie die Ästhetik.
Inhalt Einleitung I Die Selbstorganisation der erhabenen Natur in grenzüberschreitenden Kreislaufsystemen, die den Maßen des Menschen sowohl angemessen als auch unangemessen sind und Formen von Lust und Unlust erregen
1 Die schöne Natur als relativ stabiler Gleichgewichtszustand der Kreislaufsysteme 2 Die erhabene Natur als Grenzüberschreitung der
Gleichgewichtszustände 3 Die Erhabenheit des Kleinen als Teil der Kreislaufsysteme 4 Drei Beispiele schöner Naturräume inmitten der erhabenen Kreislaufsysteme 5 Die Selbständigkeit der
Natur und ihr Verhältnis zu den Gegenständen des Gebrauchs 6 Unterscheidung zwischen dem Zweck und dem Zweckmäßigen 7 Die gegensätzliche Einheit der praktischen, der theoretischen und der ästhetischen
Aneignung der Natur 8 Die menschliche Fähigkeit der Distanzierung von den Trieben als Voraussetzung der ästhetischen Beziehung 9 Entfernung und Annäherung in der Mensch-Natur-Beziehung 10
Komplizierte Zwischenbemerkung zur Methode 11 Die praktische Sicherheit als Grundlage der ästhetischen Beziehung zur Natur 12 Die Maße der Lebewesen als Maßstäbe des für sie
Zweckmäßigen 13 Die Natur als die Grundlage der menschlichen Bewertungen 14 Der Mensch als erhabenes sich selbst verwandelndes Wesen. Seine selbständige und verselbständigte Naturaneignung
II Erhabene gesellschaftliche Verselbständigungen der produktiven Naturkraft 1 Die erhabene Verselbständigung des sachzwanghaften maßlosen Kapitalwachstums 2 Erhabenes in der neuen
Berliner Republik 3 Zur schrecklichen Faszination der faschistischen und der nationalsozialistischen Herrschaft 4 Verherrlichungen des Überwältigenden und Begeisterung für alles Große 5
Verdrängungen des erhabenen Naturschreckens durch gesellschaftlichen Horror und Lust an Gewalt III Gesellschaftliche Voraussetzungen in den ästhetischen Beziehungen zur schönen und erhabenen Natur
1 Zur Entstehung der ästhetischen Aneignung des Gebirges 2 Die Unterordnung der ästhetischen Aneignung des Gebirges unter theologische, moralische, nationale, psychologische und kommerzielle
Aspekte 3 Das Meer im Blick gesellschaftlicher Interessen. Von Odysseus’ Abenteuern zur Odyssee ohne Fixpunkt 4 Gärten und Parks. Vom Jagdrevier des Paradieses zum atomaren
Entsorgungspark 5 Der Stadt-Land-Kontrast. Von der Stadt inmitten der Landschaft zur Stadtlandschaft IV Abgrenzung der erhabenen Natur von den erhabenen naturtranszendenten Verselbständigungen
(Gott, die reine Vernunft, das ganz Andere) 1 Das Sicherheben als Aufheben oder Abheben. Dialektische Grenzüberschreitung oder Entgrenzung ins Unbestimmte 2 Der Fundamentalismus des Erhabenen.
Das Tolerieren niederträchtiger Praxis als Folge abrupter Erhebung 3 Die erhabene Natur zwischen Symbolisierung und Allegorisierung. Ihre Verflüchtigung zum Zeichen von Naturtranszendenz 4 Die
Negation der selbständigen Natur durch das „Ereignis“, den „Augenblick“, die „Kontingenz“ und den „Mythos“ 5 Verfehltes einseitiges Fixieren des Vergänglichen. Die Einheit von
Entstehen und Vergehen V Die Unendlichkeit der Natur und ihre Darstellbarkeit 1 Die Unendlichkeit der Natur als die Unerschöpfbarkeit der Selbstorganisation von dynamischen
Kreislaufsystemen. Die Unendlichkeit des Raumes und der Zeit als ihre abstrakte Seite 2 Die Reproduzierbarkeit und Darstellbarkeit der selbständigen erhabenen Natur in Wissenschaft und Kunst VI
Unendliche Langeweile, maßlose Melancholie, erhabene Einsamkeit Personenverzeichnis
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