Wanning, Berbeli: Die Fiktionalität der Natur. Studien zum Naturbegriff in
Erzähltexten der Romantik und des Realismus (NATUR * LITERATUR * ÖKOLOGIE, Band 2) ISBN 3-89693-436-8
(07/2005)
457 Seiten, 21 x 15 cm, Kt., EUR 45,00 Welche Rolle spielt Kultur innerhalb des Konstruktes, das wir Natur nennen? Dies ist eine der zentralen Fragen der unter dem Signum Ecocriticism bekannt gewordenen Literaturkritik. Wie kaum ein anderer Bereich der Kultur ist die Literatur dazu prädestiniert, unser Verständnis der Wechselbeziehung zwischen Natur und Kultur zu vertiefen. Literarische Vermittlung prägt unsere Sichtweise der Natur zutiefst, indem sie die ästhetische Erfahrung der Natur nicht nur verkörpert, sondern auch organisiert. Die vielfältige Darstellung, Blickführung und Codierung von Natur in der Literatur wirkt bewußtseinsbildend und sensibilisiert die Wahrnehmung. Synchron dazu bezeichnen die sprachliche Repräsentation von Natur und die Reflexion des Naturverhältnisses wesentliche Momente des ökologischen Diskurses über Natur und Literatur, wie ihn die kulturwissenschaftlich ausgerichtete Germanistik gerade zu führen beginnt.
Der vorliegenden Band untersucht kanonisierte Erzählwerke des 19. Jahrhunderts mit Blick auf die fiktionale Gestaltung der Natur, codiert als Landschaft oder Leib, Wildnis oder Wahn, Metapher oder Moral. Natur wird in diesem Zusammenhang stets als Funktion menschlicher Praxis betrachtet und damit als eine Kultur-Aufgabe begriffen. Durch die Re-Lektüre ausgewählter Texte von L. Tieck, Novalis, J. von Eichendorff, A. Stifter, G. Keller und W. Raabe unter kulturökologischen Gesichtspunkten leistet die Analyse zur Fiktionalität der Natur einen wichtigen Beitrag zur Geschichte des ökologischen (Literatur-)Diskurses.
Inhalt 1. Einführung 2. Im Leitbild der Versöhnung: Rekonstruktionen der Natur in der frühen Romantik Ludwig Tieck und Novalis 2.1 Die Moralisierung
der Natur als poetisches Projekt 2.2 Bilder der Seele: Zur Kongruenz von Naturwahrnehmung und Naturdarstellung 2.3 Beschreibung und Struktur: Die Doppelfunktion frühromantischer Naturschilderungen 2.4
Poesie und Ontologie: Die Wahrheit naturästhetischer Repräsentationen 2.5 Gedanken-Raum des Subjekts oder Freiheit zur Natur: Zur Notwendigkeit ästhetischer Vermittlung 3. Die Grenzen der Poesie und die
Differenz der Natur Joseph von Eichendorff: Das Marmorbild 3.1 Parallele und Distanz: Die narrative Neubegründung romantischer Naturbilder 3.2 Korrespondenz und Legitimation: Folgen des Funktionswandels
der Naturdarstellung 3.3 Mondscheinduft oder: Metapher und Formel im literarischen Naturdiskurs 3.4 Nähe und Ferne: Zur transzendenten Überhöhung der Naturpoesie 3.5 Negation der Natur oder: Die
Wiederentdeckung der Naturästhetik im Zeichen der Theodizee 4. Normative und defizitäre Naturkonzepte als Figurationen des Sinns Adalbert Stifter: Der Nachsommer 4.1 Repräsentationen ästhetischer
Bildung im Leitmedium Natur 4.2 Subjektkonstitution im Zeichen eines ambivalenten Naturbegriffs 4.3 Verlust der Ursprünglichkeit: Normative Natur 4.4 Schrumpfen des Raumes: Defizitäre Natur 4.5
Widerschein mißglückter Versöhnung: Die ethische Legitimation der Natur in der Kunst 5. Simulationen des Verlorenen: Zur brüchigen Harmonie von Subjekt und Natur Gottfried Keller: Der grüne Heinrich 5.1
Mißlungenes Leben: Natur und Tod im Reflex des Scheiterns 5.2 Reizende Wildnis: Topographie des suggerierten Glücks 5.3 Einklang und Entkoppelung: Bildfelder der Naturbeschreibung als Signum der
Subjektstruktur 5.4 Brüchige Harmonie: Die narrative Übersteigerung kontingenter Bildzeichen 5.5 Das Subjekt als Chimäre: Zerfall der Naturidentität 5.6 Imitationen der Natur als Remedium der
Subjektspaltung 5.7 Archive der Natur: Imaginationen einer unerreichbaren Bemächtigung 5.8 Erträumte Mimesis als ästhetische Kreativität: Der Erfolg des Scheiterns 6. Von der Mimesis zur Semiosis: Die
industrielle Bedrohung der Natur Wilhelm Raabe: Pfisters Mühle. Ein Sommerferienheft 6.1 Erkenntnis, Erfahrung, Entfremdung: Divergenzen im Naturverhältnis 6.2 Narrative Annäherung: Die binäre Organisation
des Naturbegriffs 6.3 Beschädigte Idylle: Naturzerstörung als nichtlineare Spur im Text 6.4 Mythos und Wissenschaft: Verkehrung der Natur-Diskurse 6.5 Wetterwende oder das Ende der Euthymie 6.6
Erzählperspektiven des Wandels oder: Der Gestank des Fortschritts 6.7 Die Desillusionierung der Natur 7. Zusammenfassung 8. Bibliographie
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