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Musik / Gesellschaft / Geschichte
 
Herausgegeben von Hanns-Werner Heister
 

Heister, Hanns-Werner / Spies, Bernhard (Hrsg.): Mimesis, Mimikry, Simulatio. Tarnung und Aufdeckung in den Künsten vom 16. bis zum 21. Jahrhundert. Festschrift für Erwin Rotermund
(Musik / Gesellschaft / Geschichte, Band 6)
ISBN 978-3-89693-598-4 (05/2013)
550 Seiten, 22 x 15 cm, 38 Abb., Kt., EUR 72,00
 
Im Zentrum der Arbeit des Jubilars stehen drei Typen spezieller Schreib- und Darstellungsweisen. Sie artikulieren das, was sie ausdrücken und worauf sie zielen, in einer mit Bedacht geliehenen Sprachform oder Ausdrucksweise. Die „verdeckte Schreibweise“ nicht nur von Autoren der Inneren Emigration 1933-1945 bringt mittels rhetorischer Tarnung politisch unterdrückte Positionen zur Sprache. Die Parodie spricht eine fremde Sprache so nach, dass sie deren Gültigkeit untergräbt. Die Satire schließlich imitiert Personen oder Verhältnisse, um sie herabzusetzen und zu kritisieren.
Diesen und weiteren Formen von Mimesis, Mimikry und Simulatio, von nachahmend-nachmachender Darstellung, täuschender Nachahmung oder Anpassung sowie kunstvoll-täuschender Verstellung gelten auch die Untersuchungen in der Festschrift. Sie kombinieren ästhetische Detailanalyse mit dem Blick für die großen Zusammenhänge in der historischen Entwicklung der Literatur wie der übrigen Künste, widmen sich den Strategien der Überlagerung und Verdunkelung, der Tarnung und Verfremdung in Literatur, Musik und Kunst von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart, und sie reflektieren das Wechselspiel von Maske und Authentizität. Auf diese Weise spiegeln die Beiträge auch die Vielfalt der Anregungen wider, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen der nachfolgenden Generationen – vorrangig aus der Literaturwissenschaft, aber auch aus Musikwissenschaft und Kunstgeschichte – von Erwin Rotermund erhielten.

Inhalt
 
HANNS-WERNER HEISTER / BERNHARD SPIES: Erwin Rotermund zum achtzigsten Geburtstag – Präludium
Strategien verdeckender Schreibweisen
GÜNTER OESTERLE: Mystifikation und Camouflage nach 1800. Ein Essay
HEIDRUN EHRKE-ROTERMUND: Verdeckte Kritik am „Führermythos“. Rudolf Pechels Buchbesprechung Julian Apostata (1940)
WILLIAM J. DODD: Gegen völkische Sprachdiskurse resistent: Der Sprachkritiker Gerhard Storz
JOHN KLAPPER: „[...] um aus dem Vergangenen Gesetz und Maß des Gegenwärtigen herüberzuholen“: Zur Einordnung von Stefan Andres’ geschichtlicher Prosa im Dritten Reich
SONJA NEUMANN: Die „elementare“ Moderne. Orff zwischen Konservatismus, Primitivismus und Nazismus
Überlagerung – Verdunkelung
FRANK BÖHME: Vom Rauschen verdeckt. Gedanken zur auditiven Verschleierung
BEATRIX MÜLLER-KAMPEL: Reproduktion als Prinzip der Figuration. Im Figurenkabinett des Kasperlgrafen Franz von Pocci
HALVOR GOTSCH: „Du bist Orplid, mein Land!“ Deklamation oder Gesang – Hugo Wolfs Vertonung des Mörike-Gedichts
Tarnung – Verfremdung
BEATRICE NICKEL: Fabelhafte Tarnung: Zu den Strategien indirekter Kritik bei Jean de La Fontaine
YVONNE WOLF: Verdeckt, versteckt, verdunkelt – Deutungsprobleme bei Heimito von Doderers Erzählung „Unter schwarzen Sternen“
ULRICH BLOMANN: „nicht darüber reden“. Das Strawinsky-Kapitel in Adornos Philosophie der neuen Musik – Strategien des Kalten Kriegs
HENNING MÜLLER: „Theaterkritik als Maske“. Kalter Krieg um das Theater 1947
CZESŁAW KAROLAK: Politische faits accomplis im Konjunktiv? Nachdenken über ‚ungeschehene Geschichte‘ in der deutschen und polnischen Literatur
GUNTHER NICKEL: Peter Hacks’ Parabolien
Simulatio – Dissimulatio – Travestie
URSULA KELLNER: Geschnitten – beschnitten – verschnitten. Grüne Skulpturen: Gartenkunst oder Trend?
HANNS-WERNER HEISTER: „Caro nome“ oder Gualtier Maldé, Triboletto, Blanche ... Einiges zu Täuschungen, Namen und Tarnnamen in Verdis Rigoletto
LUTZ WINCKLER: Willy Ronis – Place de la Bastille …absolument vide comme le mot, mais impressionnante et memorable
MARTIN THRUN: Nie wieder Krieg! Ein Marschlied in und fern seiner Zeit: Hans Jürgen von der Wenses Groteske für Klavier Ich hatt einen Kameraden (1919)
SIGFRID GAUCH: Camouflage oder Erwin Rotermund als Romanfigur. Verdeckte Schreibweisen, ‚Intertextualität‘ genannte Plagiate und die Wahrheit über einen ‚letzten Satz‘ in der ‚Väterliteratur‘. Ein Werkstattbericht
Satire
ANABELLA WEISMANN: Pieter Bruegels Kampf der Sparpötte und Geldtruhen. Eine als Schlachtenbild-Parodie getarnte Politsatire im moralisierenden Gewand der Kupferstichreproduktion einer fiktiven Tapisserie
CARSTEN JAKOBI: Voltaire nachahmen, Voltaire überbieten. Narrative Techniken der satirischen Desillusionierung in Johann Carl Wezels Roman Belphegor
MONICA TEMPIAN: Die griechischen Göttinnen haben das Wort – ‚im Traum, im Traum versteht sich‘: Satire und Travestie in Heinrich Heines Traum von der Göttinger Bibliothek
DIETER MAYER: „Und Gott sei Dank: nichts war dir heilig, du frecher Hund“. Anmerkungen zu den Parodien Kurt Tucholskys
JOST HERMAND: Lediglich harmlose Blödeleien? Brechts Schweyk
Parodie
BERNHARD SPIES: Was kann die Parodie? Überlegungen zu ihrem ästhetischen Potenzial
ANDREAS SOLBACH: Entdeckte Verstellung als ironische Intertextualität: Johann Christian Günthers Kirchhof-Erzählung
WOLFGANG DÜSING: Parodistische Verneigung vor einem Klassiker. Zu Thomas Manns Goethe-Roman Lotte in Weimar
CHRISTINE WALDSCHMIDT: ,Simulatio‘ als Wert des dichterischen Ausdrucks bei Robert Gernhardt und Paul Celan
Authentizität und Maske
HELMUT PEITSCH: Die Stimme oder das Gesicht der Toten: Letzte Briefe hingerichteter Widerstandskämpfer
BERNHARD RUSAM: Bauer zu Nathal. Die gescheiterte (?) Musikerkarriere des Oberösterreichers Thomas Bernhard
HILMAR HEISTER: Behind every mask another mask – J.M. Coetzee im Spiegel seiner autobiographischen Fiktionen
Autorinnen und Autoren