Heister, Hanns-Werner (Hrsg.): Antimoderne, Faschismus, modernisierte Reaktion. Die Ambivalenz der Moderne, Band 1 (Musik
/ Gesellschaft / Geschichte, Band 1) ISBN 3-89693-434-1 (04/2005) 290 Seiten, 21 x 15 cm, 14
Abb., Ebr., EUR 38,00 In einer Zeit, in der „Reform“ rabiaten Kultur- und Sozialabbau bedeutet, und solcher Rückschritt wiederum von Kräften vertreten wird, die sich „Modernisierer“ nennen und
dergleichen als „Modernisierung“ propagieren bzw. „verkaufen“, gerät die Moderne, die rückschrittlichen Kräften stets verdächtig war, generell und mit rückwirkender Kraft in zusätzliches Zwielicht. Der vorliegende Band, der erste von insgesamt vier Bänden, versucht in einem weit gefächerten, differenzierten interdisziplinären Herangehen dieses Zwielicht zu erhellen und die Konturen
dessen, was Moderne und Antimoderne konkret waren und sind, möglichst deutlich in historischer Dimensionierung anhand von Modellen herauszuarbeiten und stofflich wie methodisch-begrifflich die Kategorie der Moderne
genauer zu fassen. Vom Gegenstand her steht dabei, dem vom Herausgeber vertretenen Fach entsprechend, Musik im Mittelpunkt. Bildende Künste sowie Literatur und Film ergänzen in diesem Band das Spektrum der Künste.
Eingebettet ist dieser kunst- und kulturgeschichtliche Ansatz in Allgemeingeschichte, mit politologischer, soziologischer, sozialgeschichtlicher Akzentuierung. Vom historischen Gegenstand her ist der deutsche
Faschismus als „reaktionäre Modernisierung“ ein Zentrum der Untersuchungen. Von der Gegenwart her wie von dieser Vergangenheit, deren Aktualität zu erweisen es nicht des 60en Jahrestages von Kriegsende und
Befreiung bedürfte, mag das Buch mindestens indirekt auch zur Erhellung zukunftsweisender Perspektiven beitragen: Die gegenwärtig herrschende Form der Moderne ist nicht die einzige Möglichkeit eines Fortschritts,
der sozial und nicht wirtschaftsliberal, humanistisch und nicht technokratisch zu fassen wäre.
Inhalt Vorwort WOLF-DIETER GUDOPP v. BEHM: Was heißt „modern“? Das Recht der Modernität und Formen des Antimodernismus: Mit der Renaissance und der
Aufklärung zu Hegel und Marx und über Weber zurück zu Heidegger HANS-ERNST MITTIG: „Entartete Kunst“, „zersetzendes Schrifttum“, „entartete Musik“: Aktionen im Vergleich MARIA JOSÉ
ARTIAGA: Aufbau eines „Estado Novo“: Die Rolle des Faches „Chorgesang“ KATHARINA HOTTMANN: Bürgerliche Mentalität und Gattungskonzept in Richard Strauss’ „Zeitoper“
Intermezzo GERHARD SPLITT: „Abschluß und Gipfel der bisherigen Culturentwicklung der Menschheit“? Zur Rezeption einiger später Opern von Richard Strauss vor und nach 1945 SOPHIE FETTHAUER:
„Arisierungen“ von Musikverlagen im NS-Staat. Zu einer Branche zwischen Kulturpolitik, (Kriegs-)Wirtschaft und privaten Interessen SONJA NEUMANN: Münchner Musikleben: Ineffizienz und Intrige im
Verwaltungshandeln der Nazis ALMUTH PÜSCHEL: Gefährliche Filme. Entwicklungen und Ursachen staatlicher Kontrollmechanismen gegen das Medium Film 1918-1933/34 JOACHIM RADKAU: Faschismus gleich
Antimoderne? Gründe und Gegengründe REINHARD KÜHNL: „Deutscher Sonderweg“? Zur politischen und geistigen Vorgeschichte des deutschen Faschismus KURT PÄTZOLD: 1938 – das Jahr auf der Schwelle
zum Zweiten Weltkrieg. Thesen GERD WIEGEL: NS-Modernisierung. Schattenseiten der Moderne? FRIEDRICH TOMBERG: Aufstand gegen die Moderne zur Erneuerung der Welt. Hitlers „Nationalsozialismus“ als reaktionäre Modernisierung JÜRGEN
MÜLLER-HOHAGEN: Seelische Langzeitfolgen aus der Nazizeit – individueller und sozialer Sprengstoff im Untergrund DIETER SENGHAAS: Kulturelle Globalisierung, Moderne und Antimoderne. Plädoyer für einen geschichtsbewußten Diskurs KILIAN
STEIN: Zur Entstehung der Vorstellungswelt von Elite und Masse CHRISTOPH KELLER: Neue Musik, Popularität, Populismus. Kritische Überlegungen am Beispiel ex-sowjetischer Komponist(inn)en und Pendereckis
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