Ferstl, Paul / Folie, Sandra / Leschanz, Christoph / Mallmann, Theresa / Syrovy, Daniel (Hrsg.): Vom Sammeln und Ordnen. Achim Hölter zum 60. Geburtstag gewidmet
(IFAVL, Band 211)
ISBN 978-3-89693-767-4 (01/2022)
334 Seiten, 23 Abb., 22 x 15 cm, Kt., EUR 59,00
Sammeln und Ordnen sind feste Bestandteile der wissenschaftlichen Tätigkeit von Komparatist*innen, ganz alltäglich beim Anlegen und Benutzen materieller Sammlungen, oder bei der Ausarbeitung und Anwendung von Wissensordnungen und Systematiken. Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die im Vergleich von Texten, Literaturen, anderen Künsten, aber auch bei der Gegenüberstellung literaturwissenschaftlicher Praktiken und Methoden zutage treten, müssen, sofern man sie typologisch oder als Teil größerer Zusammenhänge versteht, zugeordnet und klassifiziert werden.
Solche Klassifikationen nicht bloß zu übernehmen, sondern sie zu hinterfragen und zum Gegenstand der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit zu machen, ist spätestens seit der breiten Rezeption von Michel Foucaults Die Ordnung der Dinge ein Schwerpunkt in der Reflexion über die Arbeitsweisen der Geisteswissenschaften. Natürlich haben Wissensordnungen ihrerseits wiederum direkte Auswirkungen auf die praktisch-materielle Dimension von Sammlungen. Die Formen von Bibliotheken, Archiven, Registern, Katalogen und Verzeichnissen und unser Suchen und Finden stehen in engstem Zusammenhang – im Literaturarchiv der ÖNB, in der Berliner StaBi, in Niklas Luhmanns Zettelkasten, im Internet.
Achim Hölter, der sich seine ganze akademische Karriere hindurch mit Fragestellungen beschäftigt hat, die in den Bereich „Sammeln und Ordnen“ fallen, könnte allein mit seinen Publikationen und Forschungsinteressen beinah als Systematik, zumindest jedoch als roter Faden durch den Fragekomplex dienen. Ob es sich um die flexible Klassifikation einer motivgeschichtlichen Studie, wie in der Habilitationsschrift Die Invaliden handelt oder die praktische Arbeit an Archiv- und Bibliotheksbeständen, wie zuletzt im Großprojekt der Rekonstruktion von Ludwig Tiecks „protokomparatistischer“ Bibliothek. Mit dem vorliegenden Band wird ihm eine Sammlung von Aufsätzen zu diesem Themenkreis zum 60. Geburtstag gewidmet.
Inhalt
DANIEL SYROVY: Einleitung: Vom Sammeln und Ordnen
LOTHAR BLUHM: Im Bücherregal links von meinem Schreibtisch. Achim Hölter zum Sechzigsten
STEFAN ALKER-WINDBICHLER: Nicht am Platz. Über Bibliotheken und Abwesenheit
PAUL FERSTL / THERESA MALLMANN: Sammlung – Zerstreuung – Neuordnung: Die Versteigerung der Bibliothek Ludwig Tiecks in den Briefen Adolf Ashers an Antonio Panizzi
STEFAN KUTZENBERGER: „Er sammelte nichts Wertvolles“ – Egon Schiele als Sammler und Leser
WILHELM HEMECKER / NICOLAS PAULUS: Sigmund Freud und „die Abenteuerlust des Sammlers“
MONIKA SCHMITZ-EMANS: Gesammelte Zeiten und ihre Ordnungen: Gerhard Roths „fraktaler Bericht“ über das Wiener Uhrenmuseum
GERNOT WIMMER: General Stumms Besuch der Staatsbibliothek. Eine Suche nach dem ‚schönsten Gedanken von der Welt‘
WALTER WAGNER: Alberto Manguel oder Die Bibliothek als Ökosystem
KATHARINA EDTSTADLER: Das Sammeln von Literatur in anderen Wissensordnungen: Ein komparatistischer Blick auf Karl Hansens Lesebuch für Ärzte (1950)
ELENA AGAZZI: Nora Krugs Heimat. Ein deutsches Familienalbum (2018). Fotoalbum, Collage, Objektsammlung und Zeichnung zwischen Erinnerungsdiskurs und rekonstruierter Geschichte
MARTIN SEXL: Unsichtbares sammeln – Eine Praxeologie der Situationskunst
GERALD SOMMER: ‚Nachrichten‘ aus aller Welt und ihre Wegmarken oder Heimito von Doderers ‚fressender‘ Blick in die Zeitungen
SANDRA FOLIE: Sammeln und Ordnen digital – Spuren einer Kultur der Erinnerung in einer Kultur der Aufmerksamkeit. Überlegungen zu den Potentialen der Wayback Machine und der Wikipedia für die komparatistische Forschung
CHRISTOPH LESCHANZ: Der Nationalstaat als überholte Ordnungskategorie im Zeitalter der Weltliteratur? Ein methodischer Vorschlag zur Abgrenzung verschiedener literarischer Felder als Alternative
KEYVAN SARKHOSH: No Risk, No Fun: Vom Schauen, Sammeln, Besprechen und Bewerten richtig schlechter Filme
SOPHIE MAYR: Auswählen – Ordnen – Einkleben. Die Biografie als Fotoalbum, betrachtet am Beispiel Ingeborg Bachmanns
NORBERT BACHLEITNER: Ordnen und Sammeln als grundlegende Operationen der Übersetzungskritik. Am Beispiel von historischen Dickens-, Flaubert- und Baudelaire-Übersetzungen
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