Bölsche, Wilhelm: Werke und Briefe (Wissenschaftliche Ausgabe), Briefe: Band 1.
Briefwechsel mit Autoren der Freien Bühne. Transkription und Kommentar (Hrsg. dieses Bandes: Gerd-Hermann Susen) ISBN 978-3-89693-266-2 (08/2010)
1.414 Seiten, 3 Abb., 23 x 15,5 cm, in Leinen gebunden, EUR 210,00 Die Zeitschrift »Freie Bühne« ist untrennbar mit der Geschichte des Naturalismus verbunden. In unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der
Uraufführung von Gerhart Hauptmanns Drama »Vor Sonnenaufgang« gegründet, machte sie es sich zur Aufgabe, »die neue Kunst, die die Wirklichkeit anschaut und das gegenwärtige Dasein« auf ihren Seiten darzustellen. Die
maßgeblichen Dichter des Naturalismus stellten dort ihre neuesten Werke vor, ihre ästhetischen Mittel wurden in einer Vielzahl von Aufsätzen diskutiert, und das Gegenwartstheater, das sich nur langsam dem neuen
Kunstverständnis annäherte, wurde kritisch begleitet. Der Name Otto Brahm steht bis heute für die Durchsetzung dieses neuen, realistischen Theaterstils. Er nahm Hauptmanns Erstlingswerk zur Inszenierung für den
Theaterverein Freie Bühne an, er gehörte neben Samuel Fischer zu den Begründern der gleichnamigen Zeitschrift, und er verschaffte ab 1894 der neuen Bühnenkunst an dem von ihm geleiteten Deutschen Theater einen
nachhaltigen Erfolg. Vielen gilt Otto Brahm daher auch als derjenige, der die ersten Jahre der »Freien Bühne« maßgeblich geprägt hat, bevor diese durch den langjährigen Redakteur Oscar Bie ihr endgültiges Profil
erhielt, das sie durch alle Zeitläufte bis heute (unter dem Namen Neue Rundschau) beinahe unverändert beibehalten hat. Tatsächlich aber war Otto Brahms Einfluss auf die Zeitschrift geringer, als im Allgemeinen
angenommen wird. Bereits dem Impressum ist zu entnehmen, dass er der »Freien Bühne« nur in ihrem ersten Jahr als Redakteur zu Verfügung stand, und auch als Herausgeber wird er nur bis Ende 1891 genannt. Schon seit
August 1890 jedoch stand ihm mit Wilhelm Bölsche ein Mitarbeiter zur Seite, durch den die Zeitschrift alsbald eine neue konzeptionelle Ausrichtung erhielt. Die bis dahin weitgehend ästhetische Orientierung der
»Freien Bühne« ergänzte Bölsche durch soziale, ethische, gesellschaftspolitische und naturwissenschaftliche Fragestellungen, wodurch die oben zitierte Programmatik erst in ihrer vollen Bedeutung realisiert wurde.
Diese Veränderungen setzten unmittelbar nach Bölsches Eintritt in die Redaktion ein, und nachdem er 1891 die Redaktionsleitung von Brahm übernommen hatte, sind sie unschwer als neues Konzept erkennbar. Nach
Ablauf des Jahres 1891 zog sich Otto Brahm auch als Herausgeber der Zeitschrift zurück. An seine Stelle trat (was nach außen nicht sichtbar wurde) der Wiener Philosoph Christian von Ehrenfels, der die »Freie Bühne«
zu diesem Zeitpunkt bereits seit einem Jahr finanziell unterstützt hatte. Von 1892 an war er neben Samuel Fischer für einige Jahre gleichberechtigter Teilhaber an der Zeitschrift. Dieses bislang unbekannte Detail
aus der Geschichte des S. Fischer Verlages konnte vom Herausgeber im Zuge der Briefedition aufgedeckt werden. Es wird in der Einleitung ausführlich vorgestellt. Der Briefteil, der die Korrespondenz Wilhelm
Bölsches mit den Autoren der »Freien Bühne« präsentiert, ermöglicht erstmals einen detaillierten Blick auf die Zeitschrift in den Jahren 1890 bis 1893. Bölsches Engagement für die Zeitschrift wird deutlich
erkennbar, sein Verhältnis zu Brahm, die freundschaftliche Verbindung mit einem Großteil der Autoren und seine Bemühungen um ein neues inhaltliches Konzept. In zwölf Kapiteln werden insgesamt 70 Autoren mit über 600
Briefen vorgestellt, darunter diejenigen, die die literarische Landschaft zum Ausgang des 19. Jahrhunderts maßgeblich geprägt haben. Ein ausführlicher Stellenkommentar geht den vielfältigen Verbindungen zwischen
ihnen nach und zeigt ihre Beziehungen zu den konkurrierenden Zeitschriften jener Zeit. Der Band eröffnet dadurch nicht zuletzt einen tiefen Einblick in die ästhetischen Auseinandersetzungen des Naturalismus.
Inhalt Vorwort. Einleitung Der Briefnachlass Wilhelm Bölsches in Wrocław Editorischer Bericht Einführung Die Freie Bühne Vorspiel Die Anfänge der Freien Bühne für modernes Leben Ein Nachfolger für Holz und Bahr Das publizistische Umfeld der Freien Bühne
Zum Forschungsstand Der Mann im Hintergrund: Christian von Ehrenfels Der Redakteur Wilhelm Bölsche Die Korrespondenzpartner Materialbasis Zur Struktur des
Bandes Die zwölf Kapitel Erstes Kapitel: Zum Beginn. Die Freie Bühne unter Otto Brahm Otto Brahm
Zweites Kapitel: Brahms Mitstreiter Paul Schlenther Carl Krebs Cornelius Gurlitt Max Bernstein Leopold Schönhoff Emil Heilbut Drittes Kapitel: Ansätze zu einem neuen Konzept Paul
von Gizycki. Karl Vogt Karl Lamprecht Auguste Forel Ferdinand Simon Paul Göhre Franz Mehring Moritz von Egidy Johann Gustav Vogt Johannes Lehmann-Hohenberg Viertes Kapitel: Eine neue Autorin für das alte Konzept Lou Andreas-Salomé Fünftes Kapitel: Die Skandinavier
Arne Garborg Georg Brandes Ola Hansson / Laura Marholm Peter Nansen Marie Herzfeld August Strindberg Karl Gjellerup Henrik Ibsen Sechstes Kapitel: München und Wien Michael
Georg Conrad Oscar Panizza Max Dauthendey Ludwig Scharf Hanns von Gumppenberg Eduard Michael Kafka Arthur Schnitzler Hugo von Hofmannsthal Hermann Bahr Felix Dörmann
Siebtes Kapitel: Ein Freund ohne Einfluss in eigener Sache Richard Dehmel Achtes Kapitel: . . . und dessen Freunde Paul Scheerbart Gustav Falke Detlev von Liliencron Otto Ernst
Schmidt Neuntes Kapitel: Das persönliche Netzwerk Franz Herzfeld Leo Berg Walter Leistikow Georg von Ompteda Wilhelm Arent Georg Hirschfeld Minna Cauer
Zehntes Kapitel: Das publizistische Umfeld Max Dreyer Franz Evers Hermann Friedrichs Adolf Braun Paul Remer Alfred Friedmann Walter Paetow Julius Stettenheim Paul von Schönthan Paul
Lindau Elftes Kapitel: Der Redaktionsalltag Karl Bleibtreu Johannes Guttzeit Leonor Goldschmied Karl Fuchs Hans Imberg Ilse Frapan Käthe Schirmacher I. von Wentzky und
Petersheyde Isolde Kurz. Henri Albert Alexander Tille Nicht ermittelte Empfänger Zwölftes Kapitel: Der Nachfolger Otto Julius Bierbaum Anhang Die Artikel in der Freien Bühne in
den ersten vier Jahrgängen 1890–1893 Die Inszenierungen des Theatervereins Freie Bühne Literatur Abbildungsnachweis Siglenverzeichnis Namens- und Werkregister
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