Flügge, Elias: ZIMMER, RAUM, RÄUMUNGEN. Zur Positionierung weiblicher Figuren im ,Privatraum‘ bei Autorinnen des 20. und 21. Jahrhunderts
(Amsterdamer Publikationen zur Sprache und Literatur, Band 174)
ISBN 978-3-89693-658-5 (04/2016)
295 Seiten, 22 x 15 cm, Kt., EUR 48,00
„Herdprämie“, „Gluckengehalt“ – die drastische Polemik und auffällige Emotionalität, die die Einführung des sogenannten Betreuungsgeldes bis hin zu seiner raschen Wiederabschaffung in den vergangenen Jahren begleitet haben, illustrieren die Restwirksamkeit einer Raumzuschreibungspolarität, die als Traditions- und Imaginationsfolie im Bezug auf die Geschlechter beschreibbar ist: Die Synonymführung von weiblichem Geschlecht und Innenraum, die Verortung der Frau im häuslichen Bereich, zeigt sich als zutiefst internalisierter und naturalisierter Zentralaspekt des kulturellen Denkens und Handelns in westeuropäisch geprägten Kulturkontexten auch noch in der Gegenwart.
Wie aber geht die Literatur mit solchen Topoi und den damit verbundenen Weiblichkeitsvorstellungen um? Wie inszenieren insbesondere Autorinnen geschlechtsspezifische Raum- und Rollenzuschreibungsmuster? Wie werden Protagonistinnen in Privaträumen und Interieurs, diesen in hohem Maße durch symbolische Überformungen mitgebildeten Sphären, verortet? Diesen Fragen geht der Autor in zahlreichen detaillierten Textanalysen nach. Dabei arbeitet er differente Privatraumfigurationen und Eigenraumentwürfe weiblicher Figuren heraus und erforscht die narrativen Strategien, mit denen Klischeebilder von ,Weiblichkeit‘ subversiv und demontierend untergraben und ausgehebelt werden.
Inhalt
Vorzimmer
Einleitung
Zur Entwicklung der ,Privatsphäre‘ – historischer Überblick • Exkurs: Zur Geschichte der Küche • Frauenbilder und Weiblichkeitsimaginationen
1. Einzüge: Unbekannte Privatsphären
1.1 Jhumpa Lahiri: „This Blessed House“
Der Einzug • Objekt-Sammlung • Wertverschiebung • Die Einweihungsfeier
1.2 Olga Tokarczuk: „Der Schrank“
Der Schrank • Die Wohnung • Das Schlafzimmer • Am Fenster • Pforten und Schwellen • Um/n-Ordnungen
1.3 Yoko Tawada: „Fersenlos“
Narrative Spiele • Erkundungen • Tintenfisch – Tierbräutigam • Ausschluss • Eintritt • Die verbotene Kammer • Haus und Rüstung
1.4 Einzug in die Fremde. ,Bestückte‘ Zimmer und Formen der Raum-Aneignung
2. Rückzüge: Private und eigene Räume
2.1 Doris Lessing: „To Room Nineteen“
Zentrumssuche • Schlafzimmer und Spiegel – Begegnungsraum • Paranoia und Rückzug • Mother’s Room • Der Garten • Room Nineteen • Randexistenz
2.2 Marlen Haushofer: Die Mansarde
Ordnungen • Unordnungen • Verräumlichungen • Huberts Haus • Vereinzelungen • Die Mansarde
2.3 Emine Sevgi Özdamar: „Der Hof im Spiegel“
Exkurs: Zur Geschichte der Küche • Imaginierte und reale Mahlgemeinschaften • Grenzgänge vor dem Spiegel
2.4 Fülle und Leere. Ordnungsentwürfe zwischen Zentrum und Peripherie
3 Umzüge: Privaträume, Exil, Emigration
3.1 Hilde Spiel: The Darkened Room
Lisa Leitner Curtis • Lisas Zimmer • Lisa – Lulu • Das Zimmer als Bühne • Das leere Zimmer
3.2 Barbara Honigmann: Eine Liebe aus nichts
Nestflucht (Berlin) • Das Zimmer des Vaters (Weimar) • Das Souterrain (Paris) • Container-Raum
3.3 Abbrüche, Aufbrüche, Zusammenbrüche. Suchbewegungen an Exil- und Emigrationsorten
4. Auszüge: Private Fluchten
4.1 Katrin Askan: Aus dem Schneider
Das Haus als Spurenträger • Einschreibungen • Frauenfiguren • Privatsphäre, Eigentum, Besitz • Die Hausdurchsuchung • Haus und Körper
4.2 Angela Krauß: Die Überfliegerin
Das Sofa • Die Tapeten • Fenster und Hausflur • Nach Westen • Aus West wird Ost
4.3 Rita Kuczynski: Staccato
Die „Moderne“ und das ,unbehauste‘ Ich • Das Haus als Stabilitätsversprechen • In der Rolle der Besitzerin • Dekoration und Einrichtung • Der Spiegelschrank • Zugänge und Ausblicke • Virtuelle Räume • Zeit, Raum, Rhythmus
4.4 Haus, Haut, Häutungen. Bröckelnde Fassaden an Familien- und Geschichtskokons
Fazit
Literaturverzeichnis
a) Primärtexte
b) Sekundärtexte
c) Online-Quellen |