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Amthor, Wiebke / Brittnacher, Hans R. / Hallacker, Anja (Hrsg.): Profane Mystik? Andacht und Ekstase in Literatur und Philosophie des 20. Jahrhunderts
ISBN 3-89693-203-9 (05/2002)
438 Seiten, 4 Abb., Ebr., EUR 40,00

Als sich um 1900 die Moderne im Wechselspiel mit einer fundamentalen Krisenerfahrung etablierte, war die Mystik doppelt begünstigt. Ihre Subversivität gegenüber der Orthodoxie des Glaubens und die unvergleichliche Intensität des religiösen Erlebens versprachen eine zweifache Abhilfe von den Malaisen der Zeit. Gerade aus dem Junktim von Moderne und Krise bezog also die Renaissance der Mystik ihre Suggestivität. Die Begegnung mit dem Anderen, Fremden und oftmals Unbenennbaren gewinnt jetzt die Dignität eines mystischen Erlebnisses. Angesichts der Erfahrung des Verlusts metaphysischer Zuversicht und der Befürchtung gravierender Zivilisationsschäden formiert sich die philosophische und ästhetische Avantgarde unter Rückgriff auf eher undogmatische Tendenzen des religiösen Erlebens: Mystik, Okkultismus, Ekstase, Hermetik, Kabbala usw.
Nicht die Religion der Amtskirchen, sondern abweichende Erfahrungsinhalte und Ausdrucksformen liefern nun die Stichworte für ganz unterschiedliche literarische, philosophische und religiöse Positionierungen. Die künstlerische Repräsentation des 20. Jahrhunderts steht, so gesehen, auch im Zeichen eines ästhetischen Rückgewinns religiöser Erfahrungen.
Die Beiträge des Sammelbandes suchen die Spuren auf, die eine immer wieder abgebrochene, doch offensichtlich unverwüstliche, immer wieder verfemte und verheimlichte, im 20. Jahrhundert neu aufleuchtende Tradition ekstatischen und andächtigen Sprechens in Religion, Philosophie und Literatur hinterlassen hat
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Inhalt

Michael Huppertz: Mythische Erfahrung und Trance
Mystik, Philosophie und Religion
Wilhelm Schmidt-Biggemann: Mystik ohne Gott. Heideggers Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis)
Sicco Lehmann-Brauns:
Nihilismus und Ekstase. Gerhard Nebels Ereignisdenken im Ausgang von Heidegger und Ernst Jünger
Anne Eusterschulte: Wenn Gott im Sprechen offenbar wird. Transzendenzerfahrung bei Emmanuel Lévinas und Ernst Jünger
Jörg Neuenfeld: „Wovon man nicht reden kann, darüber muß man schweigen.“ Die mystische Leerstelle in Wittgensteins Tractatus
Klaus Laermann:
Zur Kritik der Gewaltmystik
Anja Hallacker: Mystiker wider Willen? Walter Benjamins frühe Schriften
Yvonne Wübben: Philosophische Rekonstruktionen jüdischer Mystik – Gershom Scholems Soharkritik zwischen Traditionalismus und Säkularisation
Martin Ritter: „Einssein mit dem Einen“. Seyyed Hossein Nasr und die islamische Philosophie als Weisheitslehre
Mystik und Literatur
Alois Haas: Paul Valérys Monsieur Teste. Testfall eines „mystique sans Dieu“
Viktor Otto: Diarische Mystik 1910/1939. Rilke, Reventlow, Ernst Jünger, Breton
Norbert Christian Wolf: Salto rückwärts in den Mythos? Ein Plädoyer für das ‘Taghelle’ in Musils profaner Mystik
Fabian Stoermer: Mystik und Dilettantismus. Über Carl Einstein
Wiebke Amthor: Sprachruinen – Ruinen des Sehnens. Anmerkungen zu Becketts Lessness
Technik und Okkultismus
Stephan Porombka: „Aus der Finsterniss zum Licht“. Die Photographie und ihre Gespenster
Marianne Streisand: Kosmologie, Technikfaszination und „Moderne“ am Beginn des 20. Jahrhunderts – Paul Scheerbart und andere
Henning Wrage: Deus ex machina. Von Technik und Mystik am Anfang des 20. Jahrhunderts
Hans Richard Brittnacher: Gespenstertreiben im Rotlicht. Zum Spiritismus in Thomas Manns Der Zauberberg
Ausblick?
Klaus Laermann: Eine Presseschau zu den Terroranschlägen auf New York